Antisemitismus: Problem der Vergangenheit oder noch beständig?

Antisemitismus: Problem der Vergangenheit oder noch beständig?

Antisemitismus beschreibt den Hass oder die starke Abneigung gegenüber Menschen des jüdischen Glaubens. Meist geht dies auch mit einer politischen Haltung einher, die aktiv Hetze gegen die jüdische Bevölkerung betreibt. Am Weitesten verbreitet war der Antisemitismus in Deutschland von 1933 bis 1945, während der Zeit des Nationalsozialismus. In dieser Zeit passierte auch eines der schlimmsten Verbrechen gegen die Menschlichkeit: Der Holocaust – ein Völkermord, bei dem sechs Millionen Menschen ihr Leben verloren. Die schrecklichen Geschehnisse sind nun über 80 Jahre her und gehören längst der Vergangenheit an, sollte man meinen. Oder gibt es auch heute noch Zeichen von Antisemitismus in Deutschland?

Für diesen Artikel habe ich mich mit Naomi unterhalten. Die Studentin ist seit fünf Jahren im Projekt Meet a Jew engagiert. Meet a Jew ist eine Organisation, die Begegnungen mit jüdischen Menschen ermöglicht. Personen jüdischen Glaubens besuchen Schulen in ganz Deutschland, um dort Fragen zu beantworten und Vorurteile aus der Welt zu schaffen. Bei diesen Treffen kommen Gespräche und Erkenntnisse zustande, die für die Schülerinnen und Schüler sehr wertvoll sind und von Lehrbüchern so nicht vermittelt werden können.

Eine zentrale Frage ist, wie sich Antisemitismus heutzutage äußern kann. Naomi berichtet, dass sich das je nach Ort und Situation ganz unterschiedlich zeigt. So hat sie bereits sehr offenen und auffälligen Antisemitismus miterlebt, hierbei ging es oft um die Zeit des Nationalsozialismus und die Schlussstrichdebatte. Doch Antisemitismus hat sie auch von Lehrkräften erlebt. Außerdem schildert Naomi, dass man sein Gehör darauf sensibilisieren muss, was wirklich antisemitisch ist und was nicht, da es sehr viel unterschwelligen Antisemitismus gibt. Teilweise reagieren die Leute auf Erklärungen, warum etwas antisemitisch ist, nicht erfreut und auch ignorant.

Naomi berichtet, dass sie aufgrund ihrer Mitschüler und Mitschülerinnen die Schule wechselte, da diese den Hitlergruß zeigten. Als sie auf dieses Problem aufmerksam machte, taten die Lehrkräfte nichts dagegen und taten so, als wäre sie das Problem. Sie fühlte sich in der Schule aufgrund ihrer kulturellen Zugehörigkeit ausgeschlossen, doch ähnliche Situationen hat sie auch woanders erlebt. Selten seien es einzelne Personen die sich abgrenzen, sondern meist Gruppen, die nicht bereit sind, darüber zu reden.

Auch die Gefahr von Terroranschlägen auf jüdische Gemeinden ist weiterhin groß. Jede Synagoge in Deutschland wird deshalb von der Polizei bewacht. Naomi beschreibt, dass sie bis jetzt noch nicht in einer Synagoge war, während eines Anschlags. Jedoch bekommt sie über die Medien natürlich viel mit. Sie berichtet, dass ihr der Aspekt der Gemeinschaft und Zugehörigkeit wichtiger ist als der religiöse Aspekt. Neben den Synagogen gibt es auch jüdische Kulturzentren, diese besucht Naomi öfter als eine Synagoge.

Naomi sagt, dass es nur wenige gute Beiträge in den Medien gibt, die die jüdische Kultur gut darstellen und wenn, dann seien die von Jüdinnen und Juden selber produziert worden. Im Allgemeinen und gerade in Deutschland sei die Darstellung der Kultur jedoch sehr schlecht, da das Verständnis für diese fehle und immer nur das religiöse im Vordergrund stehe. Es sollen oft die Stereotype bedient werden und es wird nicht gezeigt, wie jüdische Menschen ihre Kultur oder ihren Glauben in den Alltag integrieren und diesen auch ausleben. Naomi hat jedenfalls keine Angst davor, zu zeigen dass sie Jüdin ist, was für sie auch ein Teil des Alltags ist.

Teil der jüdischen Kultur sind auch, wie im Christentum und Islam, die Feiertage. Naomi berichtet, dass einige jüdische Feiertage das Überleben der jüdischen Kultur zelebrieren. Einige dienen auch zur Selbstreflektion, wie man sich im letzen Jahr verhalten hat. Außerdem gibt es einige Feiertage, die Bäume feiern.

Die Vielfalt des Judentums wird vielen erst bei genauerer Betrachtung deutlich. Gerade um antisemitische Vorurteile in der Gesellschaft abzubauen, ist daher das offene Interesse für die Glaubensgemeinschaft und ein interkultureller Austausch mit Jüdinnen und Juden wichtig. Damals, wie heute und in Zukunft.

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